Familienbund trifft sich mit CSU-Bundestagsabgeordneten Jonas Geissler

Gesellschaft ohne Kinder funktioniert nicht

Die Mitglieder des Diözesanfamilienrates zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Jonas Geissler (vorne, Mitte). Rechts neben ihm die Vorsitzende des Diözesanfamilienrats, Christiane Kömm, die Geissler als Geschenk das Spiel „Rente sich wer kann“ überreichte. (c) Cornelia Huber
Die Mitglieder des Diözesanfamilienrates zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Jonas Geissler (vorne, Mitte). Rechts neben ihm die Vorsitzende des Diözesanfamilienrats, Christiane Kömm, die Geissler als Geschenk das Spiel „Rente sich wer kann“ überreichte.
Datum:
Di. 13. Juni 2023
Von:
Cornelia Huber

Bamberg - Aktuelle familienpolitische Themen waren der Schwerpunkt des offenen Austauschs zwischen dem Bamberger Diözesanfamilienrat und dem Bundestagsabgeordneten Jonas Geissler (CSU). Geissler ist seit 2021 Mitglied des Bundestages und vertritt dort als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis Coburg-Kronach- Geroldsgrün.

Im Bundestag ist der promovierte Historiker im Verkehrsausschuss, im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und im Ausschuss für Klimaschutz und Energie tätig. Zuvor arbeitete Geissler im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie als Büroleiter des Landtagsabgeordneten Hans Reichhart. Mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Kindergrundsicherung, dem Spannungsverhältnis von Digitalisierung und Kinderschutz sowie dem akuten Wohnungsproblem für Familien ging es um Themen, die in der von Inflation, Krieg und Fachkräftemangel geprägten Zeit viele Familien beschäftigen. 

Familiengeld
Christiane Kömm, Vorsitzende des Diözesanfamilienrats, lobte zunächst das bayerische Familiengeld, das es als Anschlussleistung an das Elterngeld in dieser Form nur hier gibt. Auf Bundesebene fordert der Familienbund der Katholiken seit langem neben einer solchen Leistung ein sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt. Es gehe darum, den Wert der Care- und Sorgearbeit sowohl finanziell als auch ideell zu honorieren, damit sich Familien frei entscheiden können, welche Aufgabenverteilung von Berufstätigkeit und Erziehungsarbeit sie bevorzugen. „Habe ich überhaupt die Wahl, mein Kind selbst zu betreuen?“ stellte Kömm zu Beginn der Diskussion provokant in den Raum. „Früher war die Berufstätigkeit der Mütter verpönt, heute ist sie gesellschaftliche Norm und erzeugt neuen Druck.“ Der Abgeordnete fand den Vorschlag des Familienbunds bezüglich eines Erziehungsgehalt für Eltern zwar „spannend“, äußerte aber Bedenken hinsichtlich der Finanzierbarkeit von Modellen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB). Klar sei aber auch: „eine Gesellschaft ohne Kinder kann nicht funktionieren!“

Arbeitswelt der Zukunft

Vielmehr müsse man der Frage nachgehen, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehe. Es gehe darum, wie sich Menschen perspektivisch einbringen könnten. Konkret sieht Geissler die Unternehmen in der Pflicht, „Varianten zwischen hälftiger Teilzeit und Vollzeit“ zu schaffen. Nur dann gelinge es den Unternehmen, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und sich vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Arbeitskräftemangels von Mitbewerbern abzuheben. Persönlich kennt der Abgeordnete junge Führungskräfte, die Homeoffice anbieten, wo immer es möglich sei. Was die Erziehung angehe, dürfe sich der Staat nicht einmischen. „Eine einszu-eins-Betreuung wird immer besser sein“, ist Geissler überzeugt. Kömm stellte klar, dass ein Erziehungsgehalt die Zeit mit kleinen Kindern betreffe und somit nicht bedingungslos sei. „Eltern leisten doppelt, denn sie erziehen Kinder und zahlen in die Sozialversicherungssysteme ein. Aber jeder hat eine Verantwortung für die nächste Generation“, betonte sie. Daher treten die Verbände dafür ein, dass eine echte Kindergrundsicherung das Existenzminimum eines Kindes absichert. „Wir bewegen uns dann bei Beträgen von 600 bis 700 Euro im Monat. Wenn die Kindergrundsicherung nicht bedeutet, dass Eltern mehr Geld für ihre Kinder zur Verfügung haben, ist sie überflüssig.“ Das Thema Wohnen ist Geissler ein besonderes Anliegen. Als Vertreter des Wahlkreises Coburg ist ihm die angespannte Lage in der Bauwirtschaft vertraut. Ideen für neue Baukonzepte müssten umgesetzt werden, statt des eingeschossigen Supermarkts auf der grünen Wiese solle man in die Höhe bauen. Auch im ländlichen Bereich, wo man traditionell nur an Einfamilienhäuser denke, sieht der  Abgeordnete den Bedarf für Wohnungen. Auf die hohen Mieten vor allem in München angesprochen, forderte er das Angebot von Betriebswohnungen seitens der Unternehmen, mehr geförderten Wohnungsbau, Offenheit für neue und innovative Wohnmodelle, verbesserte Modelle für den Wohnungstausch und eine offensive Baupolitik. Dass die Pläne der Ampel hinsichtlich des Verbots von Gas- und Ölheizungen zu großer Verunsicherung führen und Renovierungen alter Häuser geradezu torpedieren, war einhellige Meinung.

Des Weiteren erhielt der Diözesanfamilienrat interessante Einblicke in die Tätigkeit des Bundestagsabgeordneten. Unter anderem berichtete Geissler von seinem Engagement im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. „Wenn wir dort die große, weltweite Christenverfolgung thematisieren, dürfen wir nicht Hass schüren“, mahnte er im Hinblick auf das Auftreten einer anderen Partei. Der Ausgleich zwischen Digitalisierung und Kinderschutz sei schwierig, weil der Datenschutz von vielen zu hoch eingeschätzt werde. Ohne Vorratsdatenspeicherung werde die Verfolgung krimineller Aktivitäten nahezu unmöglich.  Zum Abschluss des bereichernden Gesprächs überreichte Christiane Kömm an den Bundestagsabgeordneten das Spiel „Rente sich wer kann“, in dem deutlich wird, dass die Sozialversicherungssysteme auf Familien bauen.

Cornelia Huber