Pressemitteilung: erste Einschätzung zum neuen Bürgergeld

Pressemitteilung

Datum:
Mi. 14. Sept. 2022
Von:
Frau Huber

Das heute im Bundeskabinett beschlossene Bürgergeld setzt auf Vertrauen und nimmt viel Druck. Bei der Ermittlung der Höhe des Bürgergeldes ist jedoch auf eine realistische und an die Lage angepasste Berechnung zu setzen.


Berlin, 14. September 2022 –„Das geplante Bürgergeld gibt der Grundsicherung einen neuen Charakter: Anreize statt Drohungen, Hilfe statt Demotivation, Weiterbildung statt schnellstmöglicher Vermittlung in prekäre Jobs: Hier setzt das Bürgergeld ganz wichtige Punkte. Vor allem wird damit ein berechtigter Vertrauensvorschuss gewährt. Der grundsätzliche Wegfall der Sanktionen in den ersten Monaten wird hoffentlich zu einer besseren Zusammenarbeit von Leistungsempfängern und Leistungsempfängerinnen und Mitarbeitenden in den Jobcentern beitragen,“ erklärte Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken heute vor der Diskussion im Kabinett.

Der Familienbund begrüßt, dass Sanktionen nur noch als Ultima Ratio eingesetzt werden sollen. Studien zeigen hier seit vielen Jahren, dass Sanktionen Menschen nicht in Arbeit bringen, vielmehr verfestigen sie deren Situation. „Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe, um nachhaltige Vermittlung in zukunftssichere Arbeit“, so Ulrich Hoffmann. „Dafür ist es dringend notwendig, in der Beratung mehr den Einzelfall in den Blick zu nehmen. Das setzt auch strukturelle Änderungen und eine hinreichende Personalausstattung in der Arbeitsverwaltung voraus. Der neue Geist des Gesetzes muss auch in der Praxis ankommen.“

Hoffmann führt fort: „Die erhöhten Regelsätze sind ein wichtiger Ansatz um Familien in prekären Lagen besserzustellen. Aber sie sind weiterhin zu niedrig. Hier sehen wir noch dringenden Handlungsbedarf. An dieser Stelle ist eine realistische Neuberechnung des Existenzminimums gefragt, damit die Regelsätze nicht nur ein Ausgleich der Inflation im Rahmen eines kritikwürdigen Berechnungssystems sind.“

Aktuell sieht der Familienbund der Katholiken die Grundsicherungsleistungen nicht mehr als existenzsichernd an. Bei einer Neuberechnung der Regelbedarfe ist von einer Mindesterhöhung von 100 € auszugehen, die als Zuschlag gewährt werden sollte, bis eine konkrete Neuberechnung vorliegt.

„Besonders unterstützen wir, dass in den ersten zwei Jahren die Wohnungsgröße nicht zu Debatte steht, denn so können Familien in ihrem gewohnten Umfeld bleiben und sich darauf konzentrieren, eine neue Arbeit zu finden. Gut ist, dass auch an den Strukturen gearbeitet wurde. So kann ein formloser, digitaler Antrag, aber auch der Fokus auf Bildung, Menschen in Übergangsphasen besser auffangen und neue Wege ermöglichen“ äußerte sich Ulrich Hoffmann.

Die Konzentration auf eine Förderung, d.h. eine Veränderung der persönlichen Lage und nicht auf die Leistungsminderung, unterstützt der Familienbund. Nur so kann ein Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Staat mit einer Perspektive aufgebaut werden.

„Natürlich muss sich jetzt eine Reform des Wohngeldes und auch ein Moratorium für die steigenden Energie- und Heizkosten anschließen, damit Familien bis in die Mitte der Gesellschaft nicht in existenzielle Schieflagen geraten“ fügte Hoffmann abschließend hinzu. „Zum anderen sind Kinderfreibetrag, Kindergeld und -zuschlag deutlich anzupassen, damit geringverdienende Familien, Mehrkindfamilien und Alleinerziehende ebenfalls im Blick bleiben.“