Im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl, die am 28. September stattfindet, haben sich katholische Verbände im Erzbistum Bamberg intensiv mit den Parteien und ihren Wahlprogrammen befasst. In einer vierteiligen Reihe will das Heinrichsblatt in den nächsten Wochen die Aktivitäten von Familienbund, KLB, BDKJ und KAB vorstellen. Den Auftakt bilden in dieser Ausgabe die Aktivitäten des Familienbundes der Katholiken im Erzbistum Bamberg.
Zur Landtagswahl hat der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Bamberg den Kandidatinnen und Kandidaten mit Wohnsitz im Erzbistum einen Fragenkatalog zur Familienpolitik im Freistaat vorgelegt. Die Bewerber für einen Sitz im Landesparlament wurden dabei zu insgesamt vier familienrelevanten Themen um ihre persönliche Stellungsnahme gebeten. Die Überschriften über die vier zentralen Themen lauteten: „Familienpolitische Akzente setzen“, „Eltern die freieWahl über die Gestaltung ihrer Erziehungs- und Erwerbsarbeit ermöglichen“, „Die Familien als unverzichtbare Lebensform fördern“ und „Erziehung durch die Eltern als Arbeit anerkennen“.
„Wir haben alle Kandidaten von CSU, SPD, FDP, Freien Wählern, den Grünen und der ÖDP angeschrieben“, so Familienbund-Geschäftsführer Martin Mehler im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. „Es ist wirklich eine flächendeckende Geschichte.“ Damit haben die Verantwortlichen des Familienbundes eine schon bei früheren Wahlen durchgeführte und bewährte Aktion wieder aufgegriffen. Auch zur Kommunalwahl im Frühjahr 2008 hatte der Verband neun Themen und 35 „reizende“ Fragen an die Kommunalpolitiker innen und -politiker gerichtet und dabei deren Familienpolitik auf den Prüfstand gestellt. „Die Palette mit elf grundlegenden Fragen reicht dieses Mal von allgemeinen Möglichkeiten der politischen Akzentsetzung bis zu konkreten Maßnahmen für eine freie Entscheidung zwischen häuslicher Kinderbetreuung und Berufsleben“, erläutert Martin Mehler.
„Für uns ist ganz klar, dass Familienfreundlichkeit im Zentrum bayerischer Politik stehen muss“, ergänzt Diözesanvorsitzender Professor Dr. Heinz Tröster. Familienfreundliche Förderung seitens des Staates bedeute konkret: „Eltern werden als die ersten Erzieher ihrer Kinder anerkannt und erhalten hierfür eine finanzielle Anerkennung, damit elterliche Erziehung nicht ins materielle Abseits führt.“ Tröster weiter: „Mütter und Väter brauchen eine echte Wahlfreiheit, wie sie Familien- und Erwerbsarbeit zum Wohle ihrer Kinder untereinander aufteilen.“ Partei ergreifen für Familie sei Grundvoraussetzung für eine positive Entwicklung der Gesellschaft.
Interaktive Lobbyarbeit
Die Aktion vor den Wahlen sieht Martin Mehler als eine „interaktive Lobbyarbeit“ an, „bei der die Politik von uns und unseren Vorstellungen profitieren kann.“ Angesichts der ersten Rückläufe von Politikern stellt der Bamberger Familienbund-Geschäftsführer mit einem Schmunzeln fest: „Die kleineren Parteien strengen sich anscheinend wieder mehr an.“ Umfangreiche Antworten zum Fragenkatalog des Familienbundes kamen aber auch von CSU-Staatssekretärin Melanie Huml und dem SPD-Landtagskandidaten von Hof, Jörg Mielentz. „Ich bin wirklich gespannt, wer uns zudem noch antwortet“, so Mehler.
Dass die Politik noch mehr als bisher für die Familien tun muss, steht für Prof. Heinz Tröster und Martin Mehler außer Frage. Ihrer Meinung nach könne es nicht angehen, dass Familien immer mehr das Gefühl haben, nicht vom Aufschwung in Deutschland zu profitieren. So hätten die Familien beispielsweise das neue Elterngeld um ein Vielfaches selbst finanziert, indem es eine große Umverteilung gegeben hat. Prof. Tröster: „Die Kosten für das Elterngeld konnten nur finanziert werden, weil allein 3,2 Milliarden Euro aus dem alten Bundeserziehungsgeld weggefallen sind, 3,5 Milliarden Euro Baukindergeld gestrichen wurden und eine halbe Milliarde Euro durch den Wegfall des Kindergeldes vom 25. bis 27. Lebensjahr gestrichen worden sind.“ Auf diese Weise habe Finanzminister Steinbrück 7,2 Milliarden Euro aufbringen können, um das neue Modell zu bezahlen.
Doch auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Einführung von Studiengebühren und ständig steigende Lebensmittelpreise würden empfindlich auf den Geldbeutel der Familien drücken. Hier müsse die Politik nach Ansicht der Familienbund-Vertreter reagieren. „Eltern sind der natürliche Sachwalter ihrer Kinder. Aber in der Politik kommen sie einfach nicht vor“, konstatiert Prof. Tröster. „Eltern gelten nur, wenn es ums Kindergeld geht. Und wenn wir ganz genau hinschauen, dann haben wir in Deutschland eine Familienararmut, nicht eine Kinderarmut.“ Und mit Blick auf den Zustand einer deutschen Durchschnittsfamilie stellt der Diözesan-Vorsitzende fest: „Der finanzielle Spielraum für Familien wird immer enger und keiner weiß genau, wann die Misere zu Ende ist.“
Erfreut zeigen sich Prof. Tröster und Martin Mehler über die ersten Rückläufe von Seiten der Landtagskandidaten, in denen sie sich natürlich zum Wert von Ehe und Familie bekennen. „Aber warten wir mal ab, ob nach der Wahl den jetzigen Worten dann auch wirklich die Taten folgen, die für die Familie so wichtig sind“, blickt Mehler nach vorne.