Den drei Sprechern des Betroffenenbeirates (BB) im Erzbistum Bamberg, Herrn Matthias Wünsche als Experte für kirchliches Recht, Herrn Waldemar Naperkowski, der als Sprecher in der Medienarbeit auftritt, und Herrn Walter Müller zuständig für repräsentative Aufgaben, bot sich in der Diözesangeschäftsstelle von Familienbund der Katholiken und Katholischer Elternschaft in Bamberg, die Möglichkeit, ihre ehrenamtliche Arbeit vorzustellen und ihre Anliegen vorzutragen. Das Gespräch stellte an alle Anwesenden hohe mentale Anforderungen und erforderte ein beträchtliches Maß an innerer Stärke.
Die Mitglieder des Betroffenenbeirates erklärten, Ihre Gründung beruhe darauf, dass sich im Jahre 2010 durch die Veröffentlichung der Missbrauchsfälle im Canisius-Kolleg (Berlin) viele Opfer als solche zu erkennen gaben. Dadurch wurden auch frühere Fälle bekannt und es zeigte sich, dass die Missbrauchstäter nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, sondern dass hier generell eine interne kirchliche Regelung angewandt wurde. Diese Vorgehensweise führte nach Bekanntwerden zu großem Unmut bei den Gläubigen und darüber hinaus. Die Deutsche Bischofskonferenz nahm 2018 dazu Stellung. Christiane Kömm die Vorsitzende des Diözesanfamilienrates führte aus, „dass bei der Bundesdelegiertenversammlung des Familienbunds der Katholiken in Würzburg 2019 das Thema verbandlich einen hohen und dringenden Stellenwert bekam, der im Würzburger „Appell gegen sexuellen Missbrauch“, an die Bischöfe gerichtet, zum Ausdruck kam. Der Diözesanfamilienrat hat ein Präventionskonzept erstellt und alle Mitglieder sind dementsprechend geschult.“ Die Mitglieder des Betroffenenbeirates erklärten, dass die Präventionsmaßnahmen ein guter und wichtiger Schritt sind und lobten ausdrücklich die Präventionsmaßnahmen im Erzbistum Bamberg bundesweit als vorbildlich. Im Einvernehmen zwischen Kirche und der Bundesregierung wurde die sogenannte MHG-Studie (Forschungsprojekt zum Thema sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche) durchgeführt. In Bamberg gäbe es dazu zwei universitäre Studien. Seit 2022 werden im Erzbistum darüber hinaus in einem Auswahlverfahren sieben Betroffene zur Mitarbeit in der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung für sexuellen Missbrauch, bestimmt. In der Kommission arbeitet auch ein Psychotherapeut mit, der als wertvolle Hilfe betrachtet wird. Gerade wenn die vom Missbrauch Betroffenen sich mit ihrer eigenen Geschichte und der Biografie anderer Opfer auseinandersetzen müssen, ist es gut, eine solche Fachkraft an seiner Seite zu wissen. Weiter erklärten sie, „dass es viel Mut erfordere, sich öffentlich zu zeigen, was als Grund angesehen werden dürfte, dass betroffene Menschen davor zurückschrecken, in diesem Gremium mitzuarbeiten.“ Die Mitglieder des Betroffenenbeirates begleiten mit Ihrer Arbeit andere Missbrauchsopfer und fordern eine Wiedergutmachung, um die vielfältigen gesundheitlichen sowie persönlichen und finanziellen Einbußen zu lindern. Nach Meinung des Betroffenenbeirates muss dies durch die Anerkennung des Leids gewährleistet werden. Sie fordern eine raschere Bearbeitung der gestellten Anträge, damit ihnen gerade im Ruhestand ein Leben in Würde gesichert ist. Da die Missbrauchstäter mittlerweile verstorben sind und die Taten bereits der Verjährung unterliegen, können diese nicht mehr sanktioniert werden. „Mit den bisher erhaltenen Ausgleichszahlungen sind die erlittenen Verluste im Lebenslauf der einzelnen Betroffenen nicht abgegolten,“ so die Sprecher des Beirats. Auf Nachfrage erklärten sie, dass es unmöglich war, in der damaligen Zeit, als diese Taten passierten, sich den eigenen Eltern anzuvertrauen. Aus Scham und Angst vor den Konsequenzen wurde geschwiegen und auch aus Rücksichtnahme, weil man kein Leid über seine eigene Familie bringen wollte. Christiane Kömm bekräftigte, dass diese unsäglichen Taten unentschuldbar seien und fragte Herrn Wünsche, der selbst Pfarrer im Ruhestand ist, wie es ihm damit ergangen sei, dass nun ein solcher Generalverdacht auf der Kirche laste. Dieser erklärte, dass er gerne seinen Beruf ausübte und ein Bericht in den Abendnachrichten vor 15 Jahren zu einer Retraumatisierung seines erlebten Missbrauchs führte. Die Mitglieder des BB betonten, sie hätten sich gewünscht, dass die Kirche im Umgang mit diesen Taten ein anderes Verhalten gezeigt hätte. Sie erklärten es hingegen als bedauerlich, dass Kirche durch diese Verfehlungen in einem negativen Kontext gesehen wird, obgleich sie für sehr wichtige Werte steht und so viel Positives bewirkt. In Ihrem Schlussplädoyer bedankten sich die drei Herren für das Gespräch und betonten: „Obwohl es schmerzhaft ist, sich mit den eigenen Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend auseinanderzusetzen, möchten wir mit unserer Arbeit dazu beitragen, weiteren sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche zu verhindern. Unser Leid hätte vermieden werden können, wenn andere früher hingeschaut und nicht geschwiegen, sondern gehandelt hätten."