Um aktuelle familien- und bildungspolitische Themen drehte sich das ausführliche Gespräch des Diözesanfamilienrats mit dem Bundestagsabgeordneten Stefan Müller (CSU) in Erlangen. Schon zu anderen Gelegenheiten hatte sich Müller mit dem Familienbund der Katholiken ausgetauscht.
Bereits seit 2002 vertritt Müller seinen Wahlkreis als direkt gewählter Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Dieser umfasst heute neben dem Landkreis Erlangen-Höchstadt und der Stadt Erlangen auch die Gemeinden Uehlfeld, Dachsbach und Gerhardshofen im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim.
Von 2009 bis 2013 war Müller Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe und von 2013 bis 2027 Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung. Seit 2017 übt er wieder das Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers aus. Parlamentarische Geschäftsführer arbeiten in enger Abstimmung mit den Fraktionsvorsitzenden, bereiten die Plenarsitzungen vor, planen im Kontakt zu den anderen Fraktionen und im Ältestenrat die Tagesordnungen, halten die Abgeordneten ihrer Fraktionen für wichtige Abstimmungen zusammen und sorgen für deren Geschlossenheit. Innerhalb der Fraktion koordinieren sie die Gremien und wirken bei der Besetzung der Fraktions- und Parlamentsausschüsse mit. Eine wichtige Rolle spielen sie auch als Mittler ihrer Fraktion zu Bundesregierung, ihrer Partei und Verbänden.
Ein Schwerpunktthema des Gesprächs war die Wahlfreiheit für Familien. Der Familienbund der Katholiken vertritt die Auffassung, dass Familien ohne staatliche Bevormundung selbst darüber entscheiden sollen, wie sie sich die Aufgaben der Pflege und Erziehung ihrer Kinder sowie das Ausmaß ihrer Berufstätigkeit konkret aufteilen.
Auch Stefan Müller betonte, das „Wie“ der Organisation des Familienlebens gehe den Staat nichts an. Der Staat solle kein bestimmtes Modell vorschreiben und ein solches auch nicht indirekt durch das Setzen von Rahmenbedingungen oder das Auflegen bestimmter Programme vorgeben. „Wenn ich Wahlfreiheit ernst nehme, muss ich beides unterstützen“, sagte Müller.
Dem pflichtete Diözesanvorsitzende Christiane Kömm bei. „Eine von manchen Parteien und der Wirtschaft gewünschte Vollzeit-Erwerbstätigkeit beider Elternteile verschließt die Augen vor der Notwendigkeit von Zeit für Familien. Wir brauchen eine familienfreundliche Zeitpolitik.“ Leider fehle es in der Gesellschaft an Wertschätzung für die Care-Arbeit.
Als großes Problem für viele Familien wurde der Mangel an bezahlbarem Wohnraum genannt. „Früher hat ein Gehalt gereicht“, kritisierte Petra Schuckert, die Beauftragte der Katholischen Elternschaft im Erzbistum Bamberg die hohen Kosten für die Familien.
Beim Stichwort Elterngeld wies Kömm darauf hin, dass die Politik mit dieser Leistung das getrennte Wirtschaften jedes Elternteils forciere. Mütter und Väter dächten nun jeder für sich, wodurch ein hoher Druck entstehe. Auch durch das geänderte Unterhaltsrecht, das die finanzielle Eigenverantwortung hervorhebe, gerate das gemeinsame Wirtschaften von Paaren aus dem Blickwinkel. Das Steuerrecht solle daher unbedingt am Ehegattensplitting festhalten. Schließlich wünsche sich die Mehrheit der Jugend eine Familie, wie die neueste Shell-Jugendstudie zum Ausdruck bringe. Vor allem aber solle die Politik nicht ihre Wirtschaftspolitik als verdeckte Familienförderung verkaufen, sondern mit offenen Karten spielen, mahnte Kömm.
Nachdenklich gestaltete sich der Austausch über Gendern in der Sprache, Politik für Minderheiten sowie das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Koalition. Nach dem Willen der Ampel-Parteien sollen Jugendliche ab 14 Jahren jährlich ihren Geschlechtseintrag durch einen reinen Sprechakt vor dem Einwohnermeldeamt ändern können. Auf den Willen der Erziehungsberechtigten soll es dabei nicht ankommen. Viele Länder sehen die Verabreichung von Pubertätsblockern sowie geschlechtsändernde Operationen von Jugendlichen inzwischen kritisch. Auch der Diözesanfamilienrat sprach sich für Zurückhaltung aus.
Des weiteren wurden die Bildung, der starke Lehrermangel und die Besoldung der Lehrkräfte thematisiert. Auch hier wirke sich der Fachkräftemangel deutlich aus, ordnete Müller ein.
Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit waren zwei weitere Stichpunkte, über die der Diözesanfamilienrat mit dem Bundestagsabgeordneten sprach. Wer aus bestimmten Stadtteilen oder Straßenzüge stamme, habe allein aus diesem Grund selbst bei guten Noten kaum Chancen, beklagte Müller. Schuckert warf in diesem Zusammenhang den Bedarf an Jugendsozialarbeit in den Schulen auf.
Im Rückblick auf die Debatten im Bundestag zur Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen wurde die Einschätzung geäußert, dass das eigentliche Ziel der § 218 StGB sei. Er regelt, unter Voraussetzungen eine Abtreibung straffrei ist. Man war sich einig darin, dass die Art, wie manche Politiker und Politikerinnen über menschliches Leben sprächen, unsäglich sei. Müller wünschte sich hier aber auch klare Aussagen seitens der christlichen Kirchen.