Der Bundesverband des Familienbundes der Katholiken hat Parteien gefragt, wie familienfreundlich ihre Wahlprogramme sind. Lesen Sie hier die Antworten von Bündnis 90/Die Grünen.
Welche Position hat Ihre Partei bei der Förderung von Ehe und Familie?
Familien sind so vielfältig wie das Leben selbst: Es gibt verheiratete Paare mit Kindern, Allleinerziehende, getrennt erziehende Eltern, Patchwork-Familien, nichteheliche Familien oder Regenbogenfamilien. Wir GRÜNE machen eine Politik, die Familien in allen Formen und Modellen unterstützt. Dabei stehen für uns die Kinder und ihr Wohlergehen im Mittelpunkt. Deshalb sind wir dafür, dass nach einer Trennung beide Eltern weiterhin gemeinsam Verantwortung für ihr Kind tragen. Es soll dann für getrennt erziehende Eltern bei der Betreuung nicht zusätzlich knirschen, darum werden Mehrkosten für die Ausübung des Umgangs und Betreuungsleistungen angemessen berücksichtigt. Für getrennt erziehende Eltern im Grundsicherungsbezug wollen wir einen Umgangsmehrbedarf einführen. Wir wollen Gleichberechtigung auch bei der Steuer und stärken mit der Kindergrundsicherung Familien. Alleinerziehende, die heute am stärksten von Armut betroffen sind, entlasten wir mit einer Steuergutschrift.
Welche Position hat Ihre Partei auf dem Gebiet der Steuern und sozialen Transfers für Familien?
Derzeit ist die Kinder- und Familienförderung trotz ihrer Vielzahl an Leistungen weder gerecht noch wirksam. Eltern mit hohem Einkommen erhalten für ihre Kinder über die Kinderfreibeträge mehr Unterstützung vom Staat als Eltern mit kleinem oder mittlerem Einkommen über das Kindergeld. Das wollen wir ändern: mit der grünen Kindergrundsicherung. Kindergeld, Kinderfreibeträge, Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe werden in eine neue eigenständige Leistung des Kindes zusammengefasst. Sie wird nicht bei den Eltern als Einkommen angerechnet, wenn diese Sozialleistungen beziehen. Der garantierte Betrag soll das heutige Kindergeld ablösen und jedem Kind zustehen. Er entspricht der maximalen Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge im Steuerrecht. Die Kindergrundsicherung verbinden wir GRÜNE mit einer Neuermittlung dessen, was Kinder zum Leben brauchen.
Welche Position hat Ihre Partei bei der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern?
Mit einem Bundesqualitätsgesetz sorgen wir für mehr Qualität in KiTas. Wir GRÜNE wollen Mindeststandards sicherstellen, dass sich Erzieher*innen und andere pädagogische Fachkräfte um höchstens vier Unter-Dreijährige oder neun Kinder ab drei Jahren gleichzeitig kümmern. Darüber hinaus müssen sie genügend Zeit für Vor- und Nachbereitung, Zusammenarbeit mit Familien, Netzwerkarbeit im Sozialraum und Fortbildungen haben. Das Engagement des Bundes beim Platzausbau wollen wir weiterführen und verstärken. Weiterhin fordern wird, einen individuellen Rechtsanspruch für jedes Grundschulkind auf Ganztagsbildung und -betreuung mit Qualitätsstandards umzusetzen – mit genügend Fachkräften in multiprofessionellen Teams, anregenden Räumen und Schulhöfen, einem gesunden Mittagessen und einer breit gefächerten Zusammenarbeit mit Vereinen, Musikschulen und anderen Akteuren vor Ort. Es gilt, Ganztag für alle Kinder zu ermöglichen, ob mit Behinderungen oder ohne.
Welche Position hat Ihre Partei für die soziale Sicherung von Familien?
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich dafür ein, dass kein Kind in Armut aufwachsen muss. Dafür sorgen wir mit einer einfachen und gerechten Kinder- und Familienförderung: der Kindergrundsicherung. Für getrennt erziehende Eltern im Grundsicherungsbezug wollen wir einen Umgangsmehrbedarf einführen. Darüber hinaus gilt es, familienunterstützende Dienstleistungen zu fördern, z.B. für ergänzende Kinderbetreuung oder haushaltsnahe Dienstleistungen. Alleinerziehende entlasten wir mit einer Steuergutschrift. Mit der KinderZeit Plus und der PflegeZeit Plus sorgen wir für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vor allem in Care-Berufen setzen wir uns für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne ein, denn qualitativ hochwertige Unterstützung braucht ausrechende und motivierte Fachkräfte. Nicht zuletzt wollen wir sicherstellen, dass jedes Kind einen Platz in einer guten und inklusiven KiTa und Ganztagsbetreuung, die den Lebensrealitäten der Familien gerecht wird, bekommen kann.
Welche Position hat Ihre Partei auf dem Gebiet der Zeitpolitik für Familien, gerade auch mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Wir GRÜNE wollen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. Alle Eltern sollen Elternzeit unkompliziert bis zum 14. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen können. mit der KinderZeit Plus wollen wir das Elterngeld auf 24 Monate ausweiten: pro Elternteil je acht Monate, weitere acht Monate können flexibel untereinander aufgeteilt werden. Wir wollen den Anspruch auf Kinderkrankengeld erhöhen. Wir unterstützen Eltern dabei, Familie und Arbeit mit einer neuen Arbeitszeitkultur und einem flexiblen Vollzeitkorridor in eine ausgewogene Balance zu bringen. Jemanden zu pflegen verdient unsere Anerkennung. Deshalb wollen wir Menschen, die Verantwortung für Angehörige, Nachbar*innen oder Freund*innen übernehmen, mit der PflegeZeit Plus besonders unterstützen. Wir ermöglichen damit allen Erwerbstätigen eine Lohnersatzleistung bei dreimonatigem Vollausstieg und dreijährigem Teilausstieg, die pflegebedingte Arbeitszeitreduzierung finanziell abfedert.
Welche Position hat Ihre Partei mit Blick auf Familien bei der Bewältigung der Corona-Pandemie?
Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie besondere Verzichtsleistungen erbracht – die Einschränkung von Kontakten trifft sie in ihren Entwicklungsmöglichkeiten härter als Erwachsene. Wir sind es ihnen schuldig, sie endlich in den Mittelpunkt von Politik zu stellen. Nachholen von versäumtem Unterrichtsstoff allein reicht nicht aus. Das Nachhilfeprogramm der Bundesregierung wollen wir zu einem langfristigen Bildungsschutzschirm ausbauen. Es müssen die psychischen Folgen der Krise stärker in den Blick genommen werden. Viele Kinder brauchen eine helfende Hand und ein offenes Ohr, um den Weg in ihr normales Leben zurück zu finden. Dafür wollen wir in zusätzliche Schulsozialarbeiter*innen und Psycholog*innen an Schulen investieren, mehr Therapieangebote schaffen und Einzelfallhilfe für Familien ausbauen. Die Pandemie hat viele Familien alle Kraft- und Energiereserven gekostet. Jetzt müssen Familienberatungsstellen, Krisendienste und Nothilfehotlines gestärkt und ausgebaut werden.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um die Positionen der Parteien und nicht des Familienbundes der Katholiken handelt. Die Wahlprüfsteine erschienen zuerst in der Verbandszeitschrift "Stimme der Familie" (04|21). Gerne können Sie die Zeitschrift bei uns kostenlos bestellen.