Auf die Belastungen durch Corona-Pandemie, Schulschließungen und Lockdowns reagieren jüngere Kinder hauptsächlich mit Ängsten, Aggression, Wut und Verzweiflung. Dagegen haben bei älteren Kindern und Jugendlichen psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Essstörungen zugenommen.
Auch der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Bamberg kann bestätigen, dass eine harte Zeit hinter den Familien liegt. Bei einer Umfrage mit dem Titel „Wir geben Familien eine Stimme.“ schilderten 66 Familien aus der Erzdiözese, wie sich die Pandemie im Familienleben ausgewirkt hat und was sie sich von der Familienpolitik wünschen.
71 Prozent der Befragten ordneten sich bei der Frage „Wie stark fühlen Sie sich und Ihre Familie durch Corona belastet?“ im oberen Bereich der Skala von Null (gar nicht belastet) bis Zehn (extrem belastet) ein.
„Wir danken allen Teilnehmern an der Umfrage für ihre ehrlichen und berührenden Antworten. Familien gehören in den Fokus der Politik, und zwar in allen Ressorts“, sagte Diözesanvorsitzende Christiane Kömm. „Wer Familien stärkt, investiert in die Zukunft unserer Gesellschaft. Das sind wir der jungen Generation nach den harten Jahren der Pandemie schuldig.“
An der Spitze der größten Probleme während der Pandemie stand die psychische Belastung, dicht gefolgt von der Betreuung der Kinder und der Sorge um ältere Angehörige. Aber auch der Distanzunterricht forderte die Familien in hohem Maß heraus. Auffällig ist, dass gleich danach Vereinsamung und Zeit genannt wurden. Im Schnitt gaben die Befragten mehr als zwei Antworten, das heißt, dass mehrere Faktoren die familiäre Gesamtbelastung erhöht haben.
Bei den Antworten auf die Frage, wie Corona die eigene Familie verändert hat, lassen sich zwei Schwerpunkte ausmachen. Zum einen erlebten viele Familien, dass sich der Zusammenhalt der Kernfamilie verstärkt hat. Sie formulierten zum Beispiel: „mehr gemeinsam kochen, weniger einkaufen, Urlaub in der Umgebung“ oder „enger zusammengewachsen, man hat sich wieder zugehört, man hat alte Werte wieder aufleben lassen, Geld ist nicht alles“. Der familiäre Zusammenhalt zeigte sich auch darin, dass Studenten wieder nach Hause kamen oder befragte Großeltern bei der Betreuung der Enkel unterstützten.
Zum anderen beklagten viele Teilnehmer der Umfrage einen Verlust an sozialen Kontakten („wir konnten die Verwandten nicht mehr treffen und Freunde haben sich aus den Augen verloren“), der wohl noch andauert („Freundeskreis verkleinert wegen zeitlichen Abständen zu den nächsten Treffen“, „Einsamkeit, distanzierter geworden, gehen seltener aus, können die Freizeit nicht mehr so genießen“, „Freunde haben sich aus den Augen verloren“). Eine Familie sprach die Vereinsamung der Schwester an, es habe über sechs Monate keine Zeit zum persönlichen Treffen in der Reha-Klinik gegeben. Damit einher gingen psychische Belastungen wie „weniger Fröhlichkeit“, „geschwächte Nerven“ und gereizte Stimmung.
Mehr bezahlbarer Wohnraum, das ist der drängendste Wunsch der Familien an die Familienpolitik. Auch hier waren Mehrfachnennungen möglich. An zweiter Stelle stand der Wunsch nach der Einführung einer Pflegezeit und eines Pflegegeldes in Anlehnung an Elternzeit und Elterngeld. In finanzieller Hinsicht forderten die Befragten gebührenfreie Kitaplätze, einen Ausgleich der Inflation und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Kinderprodukte. Sehr wichtig war auch die Förderung von Familienerholung.
„Wenn Sie Bundeskanzler wären, was würden Sie als erstes tun?“ lautete die letzte Frage. Wenn es nach den Familien der Erzdiözese Bamberg ginge, stünden Bildung, Kinderbetreuung, Steuern und Umwelt ganz oben auf der Agenda. So hieß es „mehr Wert auf Bildung und Ausbildung setzen“,„Verbesserung von Kinderbetreuung bundesweit“ und „Mehrkindfamilien entlasten, selbstbestimmte Betreuung (auch individuell) ermöglichen und fördern“,„Besteuerung von Familien senken“ und „gerechte Besteuerung“ sowie „Nachhaltigkeit in das Zentrum aller Überlegungen stellen“.
„Corona hat manche Entwicklungen beschleunigt“, kommentierte Christiane Kömm das Ergebnis der Umfrage. Vieles sei in der Gesellschaft schon seit langem zu erkennen, wie zum Beispiel die oft verdeckten psychischen Probleme. „Wir wollen uns weiterhin als Stimme der Familie einsetzen, weil die Familien unter großem Druck stehen“, kündigte Kömm abschließend an.