Austausch mit BDI-Präsident Siegfried Russwurm

v.l.n.r. Josef Weber, Diözesanvorsitzende Christiane Kömm, Claudia  Bauer, Johannes Wicht, BDI-Präsident Siegfried Russwurm, Freddy Grubisa, Vijay Monteiro, Edgar Maul, Petra Schuckert (c) Cornelia Huber
v.l.n.r. Josef Weber, Diözesanvorsitzende Christiane Kömm, Claudia Bauer, Johannes Wicht, BDI-Präsident Siegfried Russwurm, Freddy Grubisa, Vijay Monteiro, Edgar Maul, Petra Schuckert
Datum:
Mo. 19. Dez. 2022
Von:
Frau Huber

Vor Kurzem führte der Diözesanfamilienrat ein Gespräch mit Siegfried Russwurm, einem hochrangigen Vertreter der deutschen Industrie. Im Mittelpunkt des zweistündigen Austausches standen aktuelle Fragen aus Politik und Wirtschaft. 

Seit 2021 ist Russwurm Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), eines Dachverbands mit 35 Mitgliedsverbänden. Zuvor war der aus Franken stammende promovierte Ingenieur in verschiedenen Führungspositionen, u.a. als Personal- und Technologievorstand, für die Siemens AG tätig.

Zunächst erläuterte Russwurm sein derzeitiges Aufgabenfeld. Der BDI habe zwei Rollen: Neben der Politikberatung als klassische Lobbyarbeit gehe es um das Wirken der Industrie in die Gesellschaft hinein. Nachdenklich merkte der BDI-Präsident an, ob in der Gesellschaft noch ein Konsens darüber bestehe, dass Deutschland ein Industrie-, Export- und Innovationsland sei. In Berlin, der Entscheidungszentrale, sei Industrie so gut wie nicht erlebbar. Als große Herausforderungen der Zukunft nannte Russwurm den Klimawandel, die Digitalisierung und die Demographie. „Wir verlieren 400.000 Arbeitskräfte pro Jahr“, sagte er.

Gemeinsam diskutierte man, wohin sich die Arbeitskräfte orientiert hätten, die während der Corona-Pandemie die Gastronomie verlassen hatten. Ein weiteres Thema war der in den Medien stark beachtete Vorstoß Russwurms für eine 42-Stunden-Woche.

Im Hinblick auf die Bildungspolitik sprach der Präsident des BDI an, dass die Lehrkräfte vielerorts Erziehungsleistungen übernehmen müssten. Als Ursache für die Defizite nannten Mitglieder des Diözesanfamilienrates in erster Linie Zeitmangel der Eltern. Der Druck auf die Eltern steige, weil Wirtschaft und Teile der Politik die Vollzeit-Berufstätigkeit beider Elternteile forderten. Dies sieht der Diözesanfamilienrat kritisch, denn Familien bräuchten Zeit füreinander. Ein Vater sagte, er würde gerne die Arbeitszeit reduzieren, wenn er dann die Familie noch ernähren könnte. Christiane Kömm, die Vorsitzende des Diözesanfamilienrates, betonte, die Männer seien heutzutage bei der Kindererziehung mehr eingebunden als früher, und die jungen Familien benötigen Familienzeit. In diesem Zusammenhang stellte Russwurm heraus, die Arbeitszeiten seien so flexibel wie nie zuvor und die Chance, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, größer als früher.

Weitere Themen waren die Elektromobilität, das 1-Liter-Auto und die neue Euro-7-Norm mit ihren Auswirkungen auf die Automobilbranche. Einig war man sich dabei, dass die Abhängigkeit von China zum Beispiel in Bezug auf Materialien für Photovoltaik kritisch gesehen wurde. China betreibe eine strategische Rohstoffpolitik, erläuterte Russwurm.

Eindringlich bat der Diözesanfamilienrat darum, Familie bei allen Entscheidungen, auch auf Ebene des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, mitzubedenken. Denn auch nach der letzten Shell-Jugendstudie habe Familie für die Jugend einen hohen Stellenwert. Familienpolitik dürfe keine verdeckte Wirtschaftspolitik sein.

Zum Abschluss bedankte sich Kömm bei dem Präsidenten des BDI für das intensive Gespräch und die Einblicke in die Sichtweise der Wirtschaft. Man vereinbarte, miteinander in Kontakt zu bleiben.