Arbeitsleistung von Frauen mehr anerkennen

Scheidung (c) Pixabay
Scheidung
Datum:
Fr. 5. Aug. 2022
Von:
Susanne Neubauer

In den 1970ern wurde das Unterhaltsrecht erstmals grundlegend reformiert. Die Schuldfrage wurde abgeschafft, um zu verhindern, dass vor Gericht alle Details aus dem Eheleben enthüllt werden mussten. 2008 folgte dann die zweite große Reform, die im Grunde zwei Ziele verfolgte: Zum einen die Gleichstellung ehelicher und nicht ehelicher Kinder durch den hervorgehobenen Rang im Unterhaltsrecht; zum anderen wurde die „Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung“ aufgenommen, die einen lebenslangen Unterhalt für den Ex-Partner zur absoluten Ausnahme machte.

Das ursprüngliche Ziel der Reform, dafür Sorge zu tragen, dass verheiratete Frauen den Anschluss an den Arbeitsmarkt nicht verlieren, wurde jedoch mit der Reform nicht erreicht. Im Grunde benachteiligt diese Regelung Frauen massiv, da sie immer noch den Hauptteil der Sorgearbeit übernehmen und für die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen berufliche Auszeiten nehmen und somit eine durchgehende Beschäftigung in den meisten Fällen nicht möglich ist. Zudem betraf die Unterhaltsreform Frauen, die in einem anderen gesellschaftlichen Klima sozialisiert wurden und in dem das Ein-Ernährer-Modell noch die Regel war.

Eine weitere Gruppe, die in besonderem Ausmaß von der Reform betroffen war und ist, sind die Alleinerziehenden, von denen in Deutschland immerhin rund 90% Frauen sind. Es gibt zwar vom Gesetzgeber her die Möglichkeit, Unterhalt vom Ex-Partner zu bekommen, wenn die Mutter ausreichend begründet, dass sie wegen der Kinderbetreuung keiner geregelten Arbeit nachgehen kann, jedoch ist dies aufgrund des Betreuungsangebotes schwierig. Auch wenn die Mutter erwerbstätig ist, erfolgt dies meist in einer Teilzeitbeschäftigung. Hier kann zwar der Unterhalt des Ex-Partners die finanziellen Nöte der Mutter reduzieren, doch ein steigendes Armutsrisiko vor allem im Alter ist die Folge. Kann der Ex-Partner nicht zahlen, weil er aufgrund eines zu geringen Verdienstes nicht zur Abgabe verpflichtet ist (um seinen eigenen Lebensunterhalt finanzieren zu können) oder ist er beispielsweise insolvent, springt der Staat gegebenenfalls mit Unterhaltsvorschuss ein, um den Müttern finanziell unter die Arme zu greifen.

Mit der Reform 2013 versuchte man einem weiteren Problem des Unterhaltsrechtes gerecht zu werden. Mit dem Eheversprechen ist jedoch auch das Versprechen einer lebenslangen Solidarität verknüpft. Nach einer längeren Ehe, bei der das Scheitern nicht abzusehen war und in der bereits vor 2008 die traditionelle Rollenverteilung vorherrschte, verpflichtete sich der Gesetzgeber mit der Reform von 2013 die Dauer einer Ehe bei der Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Dies sollte vor allem Entlastung für solche Frauen bringen, deren Scheidung vor 2008 rechtskräftig war, aber durch die Unterhaltsreform eine Neuregelung der Unterhaltszahlungen möglich machte.

Seitdem gibt es immer wieder Kritik am geltenden Unterhaltsrecht. Im Zuge der Gleichstellungsdebatte wurde angemerkt, dass es unfair den Vätern gegenüber sei, dass diese den vollen Kindesunterhalt zahlten, wenn das Kind genauso viel Zeit bei ihnen wie bei der Mutter verbringen würde. Ein weiterer Punkt ist, dass den Unterhaltspflichtigen meist zu wenig zum Leben bleiben würde. So sei, wird häufig kritisiert die Wohnkostenpauschale zu niedrig angesetzt. Durch die steigenden Mieten wird es immer schwieriger, einen geeigneten Wohnraum zu finden.

Bereits unter der vorletzten Familienministerin wurde eine erneute Reform des Unterhaltsrechts angekündigt. Bei dieser Reform wäre es allerdings wichtig die enorme Arbeitsleistung der Frauen (es sind meist die Frauen, die den Großteil der Familienarbeit leisten) endlich mehr anzuerkennen.