„Es darf nicht sein, dass sich Familien abstrampeln, um mit der Taktung der Wirtschaft mithalten zu können. Beide brauchen einander.“ - Gudrun Brendel-Fischer zu Gast beim Diözesanfamilienrat

Datum:
Fr. 3. Sep. 2021
Von:
Susanne Neubauer

Ende Juli trafen sich der Diözesanfamilienrat und die Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer (MdL, CSU) in Bamberg zum Austausch über aktuelle Themen. Zur Sprache kamen u.a. die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die aktuelle Situation in der Pflege und die angespannte Wohnsituation von Familien.

v. links n. rechts: Petra Schuckert, Josef Weber, Ursula Knitt, Gudrun Brendel-Fischer, Edgar Maul, Christiane Kömm (c) Susanne Neubauer
v. links n. rechts: Petra Schuckert, Josef Weber, Ursula Knitt, Gudrun Brendel-Fischer, Edgar Maul, Christiane Kömm

Das Thema Zeitpolitik und vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf rückt für Familien immer mehr in den Fokus. Positiv sieht die Abgeordnete die neuen Chancen für Home-Office-Optionen, da sie durch Wegfall von Arbeitswegen auch Zeitgewinn für Familienaufgaben brächten. Angesprochen auf den gesetzlichen Anspruch von Ganztagesbetreuung auch für Grundschulkinder sieht Brendel-Fischer einen Vorteil der institutionellen Kinderbetreuung am Nachmittag vor allem auch darin, dass Rituale wie das gemeinsame Essen geschaffen werden, das es in Familien häufig nicht mehr gibt. Für Kinder entstehe dadurch ein geregelter Tagesablauf und Stabilität. Generell – und darin waren sich die Gesprächspartner einig – müssten Arbeitgeber stärker den stabilisierenden Effekt der Einbindung in eine Familie als Mehrwert erkennen. Jedoch wies der DFR darauf hin, dass die Forderung der Wirtschaft immer noch zu stark die Familienpolitik bestimmen und somit die echte Wahlfreiheit für Familien blockieren.

 

Als ein weiterer wichtiger Aspekt gerade in Ballungsräumen wurde die prekäre Wohnsituation vieler Familien angesprochen, die sich während der Corona-Pandemie noch verstärkt hat. Brendel-Fischer verwies auf die Gründung der Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim, räumte jedoch ein, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei. Der Diözesanfamilienrat betonte die Wichtigkeit des sozialen Wohnungsbaus und brachte zudem das Projekt „Wohnen für Hilfe“ ins Spiel das durch einen hohen Bürokratieaufwand und eine steuerrechtlich schwierige Situation vielfach abschreckend wirke.

 

Dieses Projekt „Wohnen für Hilfe“ bedeutet für viele ältere Menschen auch, dass sie länger in den eigenen vier Wänden bleiben können, was wiederum die Pflegesituation in Deutschland entspannen würde. Dem stimmte Gudrun Brendel-Fischer zu. In der Frage der Migration von Fachkräften betonte die Integrationsbeauftragte Brendel-Fischer, dass der Bedarf nicht allein über die Zuwanderung abgedeckt werden könne und dass man auf keinen Fall alle Fachkräfte aus den Herkunftsländern abwerben dürfe. Ursula Knitt, Mitglied des Diözesanfamilienrates, sprach die schwierige Personalsituation in den Pflegeheimen an und fragte nach Maßnahmen, die diese entlasten können. Brendel-Fischer betonte, dass es meist nicht an der Bezahlung liege, dass sich so viele Menschen gegen den Pflegeberuf entschieden, sondern vielfach an der hohen Arbeitsbelastung. Einig war man sich, dass eine weitere Akademisierung des Gesundheitssektors nicht förderlich sei, um das Problem zu lösen. Erwähnt wurde dabei auch die fehlende gesellschaftliche Anerkennung.

 

In Bezug auf das Thema Kinderarmut, das - wie Diözesanvorsitzende Christiane Kömm betonte - immer auch Familienarmut sei, kam die in vielen Wahlprogrammen festgeschriebene Abschaffung des Ehegattensplittings zur Sprache. Brendel-Fischer betonte, dass man solche Vorschläge nicht unterstützten werde und dass das gemeinsame Wirtschaften eines Ehepaares auch steuerrechtlich erkennbar bleiben müsse. Zudem äußerte Kömm, dass häufig Alleinerziehende ein erhöhtes Armutsrisiko haben. „Hier müssen schon präventiv Gelder vor allem in die Paarberatung fließen“, so die Diözesanvorsitzende. Zum anderen muss die Unterhaltsreform von 2009 nochmals überdacht werden.

 

Ein wichtiges Anliegen von Brendel-Fischer ist ein Projekt, das auf die Genitalverstümmelung von Mädchen hinweist. Diese komme mit der Migration auch nach Europa. Häufig seien es nicht Männer, die dies forderten, sondern die Großmütter der Mädchen, erklärte Brendel-Fischer. „Hier muss unbedingt mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden“, so die Integrationsbeauftragte.

 

Generell wurden von beiden Seiten in der Familienpolitik Veränderungen gewünscht und eine Ausrichtung auf Augenhöhe mit der Wirtschaft.